Die Nicht-Rose
Pinklfrau ist sprachlos. Pinklfrau versteht die Welt nicht mehr. Was ist da bitte passiert?!
Mein Herz brennt
Ich glaube, jeder der mich kennt, weiß, wofür ich brenne: Meine Familie. Mein Institut. Meine Studenten (ich gendere nicht!) Mein Masterstudium. Und für Gradlinigkeit, klare Vorgaben und Verlässlichkeit. So weit. So gut. Und die, die mich wirklich kennen, und die Pinklfrau so nehmen wie sie ist, die wissen auch, dass ich gewissenhaft bin, arbeitsam und kreativ. Sich nicht wichtig machen will, sondern einfach Freude hat am Tun, Neues entwickeln und das dann teilen will. Dass mir böse Zungen unterstellen, dass ich mich nur wichtig machen will – das ist mir bekannt…und ehrt mich 😉
Ich bin verwirrt
Irgendwann auf dem Weg hat sich ein „IchforderediePinklfrau-Wesen“ oder wohl eher ein „IchbringdiePinklfrauanihreGrenzen-System“ eingeschlichen. Plötzlich sind Kreativität, Verlässlichkeit, Pflichterfüllung – und zwar mit Herzblut und Freude am Tun und Sein und Machen – nicht mehr erwünscht. Plötzlich befinde ich mich in einem System, in dem Vorgaben nicht verstehbar formuliert werden (und es liegt nicht daran, dass ich kognitiv unterbelichtet wäre) … die Wertigkeit von 30 Minuten auf nur mehr 3 Minuten im Augenblick reduziert wird (Ohhhhh – Zeitinflation – ich wusste gar nicht, dass es die auch gibt) …. eigene Ideen nicht gerne gesehen werden … Meine Stimme als „priesterähnlich“ bezeichnet wird und das Ergebnis der intensiven Auseinandersetzung mit meinem MacBook als „ausgelagerte Arbeit eines Grafikers“ bezeichnet wird… Hmmmm – wo bin ich da hingeraten?! Was ist da passiert? Gerade war ich noch gut genug für einen Leitartikel…. Und jetzt wird mein Können mit solchen Meldungen kommentiert?? Meine Kreativität nicht wertgeschätzt und die Tatsache, dass ich Zeit gerafft hab, als Vorwurf verwendet?? Nein, es geht nicht um ein „sich wichtig machen“. Es geht ums Prinzip. Ich bin verwirrt.
Ich bin nicht allein…
Ich denk mir: „Mit Achtsamkeit geht das schon. Wende halt die Prinzipien der Achtsamkeit nach Jon Kabat-Zinn an, Pinklfrau: Nicht beurteilen. Hab Geduld. Bleib im Anfänger-Geist. Hab Vertrauen. Erzwinge nicht. Akzeptiere. Und vor allem: Lass los.“
So sehr ich mich bemühe: Es gelingt erstmals nicht. Ich bin abermals irritiert und hinterfrage … mich … das System … den Vortragenden … mein Denken
Ich plaudere mit ein paar Kolleginnen – auch sie sind verwirrt. Wundern sich. Nicht über mich, sondern über die Tatsache, dass irgendwann am Weg etwas passiert sein muss. Schütteln den Kopf. Können es ebensowenig wie ich in Worte fassen. Es ist anders, als es zu Beginn schien und transportiert wurde.
Pinklmann forever!
Auf dem Weg zu meiner Wiener-Schlafstätte rufe ich meinen Pinklmann an. Er hebt ab. Ich will glücklich klingen. Immerhin komme ich von meiner Tankstelle für Glück, Zufriedenheit, Wissen und neuen Erkenntnissen… Ich versuche mit einem Grinsen im Gesicht zu sagen: „Hey Schatz, schön dich zu hören – es war großartig wie immer!“ Stattdessen breche ich in Tränen aus, als er meinen Namen ausspricht. Ich erzähle schluchzend, wie enttäuscht ich bin. Zutiefst enttäuscht. Wie wenig ich verstehe, dass es heute so sein konnte, wie es war. Nein, es geht nicht um Noten! Auch nicht darum, ob ich die Beste bin (falls mir das jemand zwischen den Zeilen unterstellen will). Nein, es geht um Vorgaben, die von Vorbildern / Lehrern nicht gehalten wurden. Es geht darum, dass Unterschiedliches transportiert wurde. Dass mein „Esisteinfachwunderbar- Kartenhaus“ zusammengebrochen ist. Ich gestehe mir und ihm ein, dass leider – auch hier – Wasser gepredigt und Champagner getrunken wird. Ich bin enttäuscht. So richtig enttäuscht. Und das ist die Wahrheit des heutigen Tages. Und was sagt mein Pinklmann!? „Erkenne es einfach an als das, was es ist. Nicht mehr und nicht weniger. Mach die Augen auf und erkenne es.“
Das ist es. Es ist nicht mehr und es ist nicht weniger.
Und während ich mir meine Enttäuschung von der Seele schreibe, denke ich an Thich Nhat Hanh und an seine Geschichte über die Rose. Über das, was man sieht: Den Stängel. Die Blätter. Die Dornen. Die Blütenblätter. Über das Offensichtliche. Und dann spricht er über die Nicht-Rose. Über die Anteile, die die Rose zur Rose machen: Über die Sonne und den Regen und die Erde und den Dünger. Aber auch über die Freude des Gärtners, als er die Rose zum Wachsen, Erblühen bringt. Über die Arbeit des Verkäufers, der sie zu sich ins Geschäft holt. Über den LWK-Fahrer, der (hoffentlich) mit einem glühenden Herzen die Ware ausliefert. Und Thich Nhat Hanh spricht über mich. Über die Frau, die eine Rose mit viel Liebe im Herzen kauft. Die sich auf das Strahlen der anderen freut, wenn sie eine Rose mitbringt. Weil sie gerne Freude macht. Die an das Gute glaubt….
Man könnte unter der Nicht-Rose allerdings auch das Chaos verstehen, das am Weg der Auslieferung passierte. Oder den Blumenhändler, der nur seine Lieblingsblumen mag. Oder die Nicht-Wertschätzung ihrer andersfarbigen Blütenblätter. Oder das fehlende Zeitmanagement im Rahmen der Wasserversorgung. Dass diese Rose auf dem Weg ihre Lebendigkeit verliert – ihr Strahlen – ihre Freude am Tun … das versteht wohl jeder, oder!?
Was ich damit sagen will?! Die Rose ist mehr als nur eine Blume. Sie ist die Gesamtheit aller Handlungen, die sie erfährt – und sie damit zu der machten, die sie ist.
„Es ist, was es ist“, sagt die Liebe. Plötzlich hat die erste Zeile des Gedichts von Erich Fried eine ganz neue Bedeutung für mich.
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/grunblattrige-pflanze-mit-rosa-bluten-2377463/