Wofür eigentlich?
Ich hab’s mir auch angehört. Klar. Das „Frühstück bei mir“ mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx und seinem Sohn Tristan. War ich doch schon vom Artikel begeistert, hat mich das Interview „Die Welt nach Corona“ nochmals bestärkt. Chapeau für die hervorragende Sendung!
Hängengeblieben
Wirklich hängengeblieben, und heute immer wieder dorthin zurückgekehrt, bin ich zu der Einladung, die vor vielen Jahren der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl ausgesprochen hat. Er bat, man möge sich nicht immer nur die Frage nach dem WARUM stellen, sondern ebenso die Frage nach dem WOZU.
Hmmmm. Diese Einladung hat sich in mir breit gemacht. Hat mich nicht mehr losgelassen. In Pinklfrauworten: Ist gekommen, um zu bleiben. Und hat mich an ein prägendes Erlebnis in meiner Praxis erinnert. An ein Herzensprojekt, wenn man es so bezeichnen will…
Frag nie nach dem Warum!
Eine liebe Freundin hat mich in einer unglaublichen schlimmen Lebenssituation um Hilfe gebeten. Sie wollte, dass ich mit ihr arbeite. Sie meinte: „Du bist die, der ich vertraue und wenn es wer schafft, dass ich den Tod meines gerade geborenen Kindes verarbeiten kann, dann bist das du.“ Puhhhh. Starke Ansage. Im ersten Moment wollte ich davonlaufen. Ehrlich. Ich hab ihr Pinklfrau-Ersatzvorschläge unterbreitet. Sie blieb klar in ihrer Aussage. Und ich hab mir gedacht: DAS schaff ich nicht. Ich kann viel – aber einer jungen Mutter, die Unmögliches auf sich genommen hat, um einem Kind das Leben zu schenken und ihrem Neugeborenen nach mehreren Herz-Operationen beim Sterben zusehen musste, die Trauer und Angst und Blockaden zu nehmen – nein, das schaff ich nicht. Davon war ich überzeugt. Doch sie blieb hartnäckig. Sie „zwang“ mich mit einem unmissverständlichen „DU KANNST, wenn ICH KANN“ in die gemeinsame Arbeit. Was für ein Glück. Für uns beide. Für sie und ihren Mann.
Den ersten Satz, den ich zu ihr gesagt hab, als sie für unser erstes Arbeitstreffen zu mir ins Institut gekommen ist, war: „Frag mich bitte nie nach dem WARUM! Lass uns an allem anderen arbeiten. Aber frag nicht nach dem WARUM. Ich kann es dir nicht erklären…“
Daran hielten wir uns
Wir beschäftigten uns mit dem Jetzt. Mit dem Moment. Mit den Gefühlen. Auch mit der Erinnerung. Und mit der Zukunft. Wir übten gemeinsam das Leermachen des Kopfes. Damals kannte ich die Achtsamkeit per se -wie ich sie inzwischen in meinem Leben implementiert habe- noch nicht. Wir beschäftigten uns mit Worten und (Glaubens-)Sätzen und Bildern, die in der Nacht kamen und nicht mehr gehen wollten. Und wir haben immer wieder mit dem WOFÜR? und dem WOZU? gearbeitet. Und dem …WEIL DANN wird… Wir haben aufgeräumt. In Schubladen abgelegt. Be- und zer- und verarbeitet. Und umgearbeitet. Irgendwann hat meine Freundin begonnen ihr Inneres nach Außen zu bringen. Sie hat gezeichnet, Gedichte geschrieben. Einen Blog betrieben. Sich quasi als Mama eines Sternenkindes geoutet und anderen Mut gegeben. Und sich selbst.
Keine Antwort möglich
Nur 1x kam die Frage nach dem WARUM… Und wir haben schnell erkannt: Das ist nicht beantwortbar. Nicht für uns. Und es hilft uns nicht im Umgang mit der Krise. Und somit haben wir die Frage stehen lassen. Unbeantwortet.
Es war eine unglaublich intensive Zeit. Es war eine heftige Zeit. Es war eine heilsame Zeit. Mittlerweile hat meine Freundin ihrem Sternenkind einen Bruder geschenkt. Er ist gesund. Quietsch lebendig. Präsent. Ist der Beweis, dass man ohne die Beantwortung des WARUMs (weiter-)leben kann.
Dass das Leben nach dem Tod ihres ersten Kindes nie mehr so werden würde wir früher, das war klar. Von Anfang an. Aber sie hat sich getraut hinzuschauen. Und sie schaut immer noch hin. Jetzt. In diesem Moment. Weil sie weiß, dass sie aus dem Moment heraus die Zukunft gestaltet.
Und wenn sie das kann, dann können wir es auch!
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