Welchen Wolf fütterst du?
Gestern war Seminarsamstag. Ein intensiver Tag. Ein Tag mit wundervollen Frauen – jede auf ihre Weise. Ein Jahr lang haben wir uns 1x im Monat in dieser Gruppe getroffen und an der eigenen Biografie, am ICH gearbeitet. Haben uns mit den Grundbedürfnissen, mit der Elementenlehre und mit Achtsamkeit auseinandergesetzt. In jedem Seminar ist gelacht und geweint worden. Manchmal auch mit dem Schicksal gehadert worden.
Haderst du auch mit dem Schicksal?
Meine „Seminar-Mädels“ kennen mich. Wissen, dass sie viel fragen dürfen. Auch Persönliches. Ich versuche so ehrlich wie möglich zu antworten. Weil leugnen und mich (und andere) anschwindeln nichts bringt. Hmmm – gute Frage. Ob ich mit dem Schicksal hadere? Enttäuscht bin? Verzweifelt bin? Weil meine Eltern und ich erst jetzt wieder zueinander gefunden haben. Hmmm – ich überlege. Sage, dass ich darüber nachdenken muss. Erzähle, dass es mich unendlich nervt, wenn ich von bestimmten Menschen höre (und das sind wirklich nur bestimmte Menschen!), wie froh sie sind, dass wir wieder „gut miteinander sind“.
Mit einander gut sein
Ich frage mich, ob es denn nicht mit einem „mit sich selbst gut sein“ beginnt. Ob das „miteinander gut sein“ nicht beim ICH anfängt. Ich atme durch. Weil sich schon wieder die Affenbande in meinem Kopf einbringt. Werbeeinschaltung. Da hüpft eine ganze Affenbande daher, die schreit und Klamauk macht und Transparente in die Höhe hält. Auf denen stehen so Sätze wie: Wärst du nicht so stur gewesen! Hättest dich halt schon früher eingebracht! Man muss sich halt mehr gefallen lassen! Bumm – das sitzt!
Verdammt. Die Affenbande peitscht alte Glaubenssätze ein. Alte Beliefs. Wie sehr das nervt. Und wie sehr diese Werbeeinschaltung nervt. Dass die aber auch immer dann kommen, wenn es am spannendsten ist…
Glaubenssätze. Beliefs. Da war ich. Wenn man das „be“ und das „fs“ weglässt, dann bleibt die Lüge (lie) über. Das habe ich bei meiner Freundin Katharina Pommer gelernt. Diese Affenbande kommt mit Lügen daher. Ich weiß das. Ich erinnere mich bewusst zurück. An das, was war. Die Zeit, die war. Und ich erinner mich auch an die Gründe für das Aus. Das Aus zwischen der großen Föhre, dem Eichenbaum, dem Musikmacher, dem Schmetterling und mir.
Affenbande – haltet die Klappe!
Diese Affen-Werbung ist unerträglich. Ich suche den Lautstärkenregler. Such den Ein- und Aus-Schalter. Wo um alles in der Welt kann man das bitte abdrehen?! Das ist ja wie bei Spotidingsbumms, wenn man nicht das Premium-Paket abonniert hat. Da hört man auch die Musik, die man gerne mag und plötzlich – in einer irren Lautstärke – geht die Werbeeinschaltung los: Willst du Musik ungestört hören, ohne Werbeeinschaltungen, dann hole dir die Premium-Variante.
Geht’s schei*en, denk ich mir. Ich atme aus. Bin im Jetzt. Merke, dass mein Geist unruhig ist. Spüre, dass mein Herz klopft. Lauter und schneller aus davor. Ich erkenne, dass ich überlege, welchen Wolf ich füttern soll. Den lieben oder den bösen. Ich entscheide mich dazu, beiden etwas zu fressen zu geben. Beide Platz an meiner Seite anzubieten. Denn ein Ignorieren, ein Ausgrenzen, ein Wegsperren macht es nicht besser.
Ich gehe auf YouTube und schaue mir den Film über die beiden Wölfe an. How Mindfulness Empowers Us: An Animation Narrated by Sharon Salzberg
Da weiß ich: Ja, es gibt Momente, in denen ich mit dem Schicksal hadere. Kurz. Einen Moment lang. Eine Werbeeinschaltung lang.