Wofür stehst du?

Seminarzeit

Gestern hab ich am Nachmittag ein Seminar für Mentorinnen und Mentoren gehalten. Nur zur Erinnerung: Gestern war Samstag. Da ist nicht jeder in absoluter Seminarlaune. Echt nicht. Und ich kann das nachvollziehen. Also hab ich es – so wie immer – in pinklfrauscher Laune versucht. Einstieg mit Post it und Kaffee. Weiter zu einer offenen Runde, die in eine Mentimeter-Befragung übergegangen ist. Zurück zur Präsentation. Ab in Breakout-Rooms mit den Lehrerinnen und Lehrern. Dann wieder zurück. Austausch in der Gruppe. Und zwischendurch immer wieder ein kurzer Stopp. Ein Innehalten. Ein Check-in. Damit sie nicht auschecken. Und das Interesse nicht verloren geht – sie  „inter“ bleiben.

Mitten im Seminar

Denn der Pinklfrauantreiber flüstert mir immer ins Ohr: „Schau, dass du niemanden auf dem Weg verlierst. Mach es abwechslungsreich. Hol sie aus der Reserve. Gibt ihnen Denkanreize mit. Lass sie über den Tellerrand schauen. Und bleib dabei immer du selbst. Gib ihnen einen Austauschraum. Zeig ihnen, wie sie mit einfachen Tools in die Ruhe kommen können.“ Puhhhh – ziemlich anstrengend. Jedes Mal eine Herausforderung. Ein Spaziergang am Hochseil. Und immer fällt es mir mitten im Seminar ein. „Schau, dass du niemanden verlierst. Halte sie am Ball.“

Niemand

Ehrlich, niemand hat vorzeitig ausgecheckt. Alle sind bis zum Schluss geblieben. Dabei geblieben. Haben sich eingebracht. Mitgevotet. Sich geäußert. Gezeigt. Position bezogen in Diskussionen. Ich hab mich so richtig gefreut – das war echt berührend.

Und dann bemerke ich, dass ich mich immer wieder frage: „Warum ist dieses NiemandenverlierenamWeg so wichtig für mich?“ Vielleicht, weil ich mich schon mehrmals verloren hab? Weil ich mich verloren gefühlt hab? Weil ich verloren hab? Fürs Verlieren verantwortlich gemacht wurde. Deshalb?

Früher öfter als jetzt

Zum Glück habe ich mich wiedergefunden. Immer wieder. Oder wurde gefunden. Oder habe gefunden. Vielleicht frage ich aufgrund des VerlorenwerdensundseinsGefühl nach, wofür ich stehe… jetzt … und wofür ich stehen will … später … und welchen Fußabdruck ich hinterlasse … jetzt … später … und früher hinterlassen habe …

Wofür stehst du?

Ich weiß mittlerweile, dass mich diese Frage mit Sicherheit ins Jetzt zurückholt. Dass ich stoppe – egal, was ich gerade mache. Dass ich meine Verbindung zum Boden wahrnehme … meinen Stand … meinen Standpunkt auslote … beide Beine gleichmäßig zu belasten versuche … mich damit irgendwie neu „einnnorde“ … mich an mein Ziel erinnere … Daran, dass ich mit meinem Sein mittendrin bin.

Jössas – das ist es!

Ich bin noch nicht mittendrinnen. Ich muss mir meines Ziels bewusst werden. Hab ich im Jänner die Ziellinie meines letzten großen Ziels ja erreicht. Hab meinen Marathon beendet und mich ausgerastet. Jetzt klopft das neue Ziel an. Grundsätzlich hab ich es klar vor Augen 😉  Bloß: die neuen Zielkoordinaten kann ich noch nicht eingeben. Ich seh sie noch nicht klar vor mir. Ein komisches Gefühl, wenn man unscharf sieht und bereits am Weg ist.

Bin ich jetzt schon mitten drinnen oder gilt es noch nicht?

Die Gegend zu kennen, den Rucksack gepackt zu haben, aber nicht zu wissen, wie lange die Reise dauern wird – wohin der Weg führt – welchen Weg ich einschlagen soll – wieviel Gepäck ich benötige – und wie lange es noch dauern wird, bis ich mein Ziel (er-)kenne. Die Pinklfrau in mir quatscht fröhlich drauflos und meint: Du bist mit deinem Interesse schon voll im Tun … Atme mal und vertraue. Hab Geduld. Erzwinge nichts. Lass los. Pack den Anfängergeist aus – du stehst am Beginn und bist gleichzeitig mitten drinnen. Na dann 😉

Wofür gehst du? Wofür gehst du den 1. Schritt?

Auch wenn ich mich momentan wie eine verirrte Kompassnadel fühle, ich gehe für mich, für alle Menschen, die mir vertrauen und für drei Buchstaben, die unser aller Leben verändern.

Ich stehe für das ICH. Ich gehe für das TUN. Und ich setze den 1. Schritt für das BIN … SEIN … ESSE … für mein Interesse – damit ich mich nicht verliere und nicht frühzeitig auschecke.

Fotoquelle: Privat